Warum der Schmerz letzten Endes viel größer wird, wenn Du Schmerzen vermeidest. Darüber sprechen wir in diesem Artikel.
Niemand von uns liebt Schmerzen. Man muss ein Masochist sein, um Schmerzen zu lieben. Und doch sollten wir Schmerzen in vielen wichtigen Bereichen unseres Lebens nicht dauernd vermeiden. Dann nämlich wird der Schmerz am Ende viel größer sein.
Schmerzen halten Kinder nicht davon ab, zu lernen
Schmerzen gehören zum Leben dazu. Das fängt bereits im Kleinkindalter an. Meine kleine Tochter hat inzwischen das Laufen gelernt. Bis dahin hat sie es viele Male vergeblich versucht und wie das so ist: Sie ist immer wieder hingefallen und das tut weh.
Das hat sie allerdings nicht davon abgehalten, es immer wieder zu versuchen. Und zwar so lange, bis sie für ihre Mühen und ihren Schmerz letztlich belohnt wurde.
Auch Du hast auf diese Weise das Laufen gelernt. Instinktiv vermeiden wir den Schmerz nicht, der nun einmal dazugehört. Im Laufe unseres Lebens ändert sich das leider.
Beispiel: Muskelaufbau
Seit mehreren Jahren gehe ich zwei Mal pro Woche ins Fitnessstudio.
Muskeln verbrennen Kalorien und zwar selbst dann, wenn man sie gerade nicht benutzt. Damit wirkt man Übergewicht und übermäßigem Körperfett entgegen, was zweifelsfrei gut für uns ist.
Das ist aber längst nicht alles. (Moderates) Kraftraining ist gut für das Herz, senkt den Blutdruck und beugt Osteoporose (altersbedingtem Knochenschwund) vor. Das weiß man schon länger.
Nach neuesten Erkenntnissen treten bei sportlich aktiven Menschen sogar seltener Diabetes und Alzheimer auf und Krafttraining beugt einigen Krebsarten wie Darm- oder Brustkrebs vor.
Wenn man das liest, wird schnell klar, dass Muskelaufbau nicht nur etwas für Bodybuilder, Profisportler oder eitle Fatzke sind.
Ich liebe das nicht
Wenn man Muskeln mit Krafttraining aufbauen möchte, ist das schmerzhaft. Muskeln brauchen einen Grund dafür, um zu wachsen. Und diesen Grund haben sie nur, wenn man ein wenig über die Grenzen hinausgeht und das ist anstrengend und tut weh.
Es ergeben sich Mikrorisse im Muskel, der Körper repariert diese und macht den Muskel dabei jedes Mal ein wenig größer. Das hört sich schmerzhaft an und das ist es auch.
Bei den letzten Wiederholungen jeder einzelnen Übung, brennt der beanspruchte Muskel. Dieser Schmerz lässt nach wenigen Sekunden nach und ich mag das nicht. Ich bin kein Masochist.
Dieses Brennen ist nicht mit Muskelkater zu verwechseln. Muskelkater hat man nur am Anfang und auch nur dann, wenn man es übertreibt.
Das Brennen der Muskeln ist aber nicht der einzige Schmerz. Mich aufzuraffen, dort hinzugehen und das Training an sich durchzuführen, bereitet seinerseits ebenfalls Schmerz.
Ich liebe das Krafttraining insgesamt nämlich überhaupt nicht. Ich mache das nicht besonders gerne, aber ich mache das, weil ich weiß, wofür ich das Ganze mache.
Krafttraining ist gesund und es beugt Rücken- und Kopfschmerzen vor, die mich jahrelang gequält haben. Und das tut viel mehr weh, als das kurzzeitige Brennen der Muskeln.
Und ich fühle mich im Nachhinein gut. Ich bin entspannter, ausgeglichener und das macht mich zufrieden. Man bekommt ein besseres Körpergefühl, ist fitter und es sieht auch nicht so schlecht aus.
Das ist der Lohn für meine vorübergehenden Schmerzen.
Aber das ist nur ein Beispiel.
Wenn wir in unserem Leben etwas verändern wollen, ist das fast immer mit Schmerz verbunden.
Dabei hat der Schmerz nur selten eine körperliche Komponente, wie bei unserem Beispiel mit dem Krafttraining.
Jede Anstrengung bedeutet auf irgendeine Weise Schmerz, jeder Verzicht ist schmerzvoll.
Ja, wenn Du etwas abnehmen willst, dann bedeutet der Verzicht auf Schokolade und Chips Schmerz.
Wenn Du auf das allabendliche Fernsehen verzichtest, weil Du Deine Zeit für Sinnvolleres nutzen willst, ist das erst einmal schmerzvoll.
Und wenn Du Dich angstauslösenden Situationen stellst, dann tut das auf seine Weise weh. Schließlich sind Angst und Panikattacken die Hölle für den Betroffenen.
Was aber tust Du Dir damit an?
Wenn Du zur Fettleibigkeit neigst, fühlst Du Dich wahrscheinlich nicht sehr wohl in Deiner Haut. Je schlimmer das wird, desto schlechter fühlst Du Dich.
Jeder Schritt ist anstrengender als er sein müsste. Möglicherweise stellen sich Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislaufbeschwerden ein.
Wenn Du jeden Abend 5 Stunden fernsiehst, vergeudest Du Zeit, die man sinnvoller nutzen könnte. Für Unterhaltungen, Spiele, persönliche Weiterentwicklung oder Sport beispielsweise.
Wenn Du ständig mit dem Handy oder dem iPad herumspielst, statt Dich auf eine Prüfung vorzubereiten oder andere Aufgaben wahrzunehmen, auf die Du keine Lust hast, bleibt der Erfolg womöglich aus.
Und wenn Du alles meidest, was Dir Angst macht, besteht die Gefahr, irgendwann nur noch zu Hause zu sitzen und sich überhaupt nicht mehr aus dem Haus zu trauen.
Ich bin alles andere als ein Guru
Ja, ich weiß. Ich rede manchmal so schlau daher. Dabei bin ich keinesfalls der selbstdisziplinierteste Mensch auf dieser Erde. Mein innerer Schweinehund ist ein wahres Kraftpaket.
Ich war schon in zwei anderen Fitnessstudios angemeldet. Die anfängliche Euphorie hat sich jedes Mal nach wenigen Wochen gelegt und mein innerer Schweinehund hat wieder die Oberhand gewonnen.
Ich habe gefühlte Tausend Mal mit dem Rauchen aufgehört bis ich es geschafft habe.
Und auch ich habe natürlich die eine oder andere angstauslösende Situation vermieden.
Anstrengung und Verzicht bedeutet Schmerz. Ich mag Schmerzen nicht. Ich bin kein Masochist.
Irgendwann aber wurde mir klar, wie ich mich dazu durchringen kann, Schmerzen zu meinem Wohle auf mich zu nehmen.
Warum machst Du das?
Du bist vermutlich auch kein Masochist und es fällt schwer, aktiv zu werden oder auf etwas zu verzichten. Das geht allen Menschen so.
Es gibt eigentlich nur eine Frage, die darüber entscheidet, ob Du oder Dein Schweinehund den Krieg gewinnt. WARUM?
Warum solltest Du Schmerzen in Kauf nehmen? Warum ist das gut für Dich?
Dieses Warum ist der Schlüssel und dieses Warum muss stark sein und zwar stärker als diese innere Sperre, die wir verspüren, wenn wir etwas tun sollten, was wir eigentlich nicht möchten bzw. stärker als der Drang etwas zu tun, auf das wir besser verzichten sollten.
Was also ist Dein Warum?
Wenn Du diese Frage für Dich beantwortest – dann wirst Du bereit dafür sein, Schmerz in Kauf zu nehmen.
Der Schmerz wird letzten Endes viel größer sein
Es gibt für mich nichts Schlimmeres, als mir im Nachhinein sagen zu müssen. „Mensch hätte ich mal.“ Dieser Satz impliziert, dass es zu spät ist. Schließlich können wir die Vergangenheit nicht mehr ändern.
Sagen zu müssen „hätte ich mal“ ist für mich um ein Vielfaches schlimmer als jeder Schmerz, den eine Anstrengung, eine Überwindung oder eine Entbehrung mit sich bringen könnte.
Und es darf in Deinem Warum enthalten sein. Weil ich nicht sagen möchte: „Hätte ich mal!“
Das Gute aber ist, dass es in den meisten Fällen (noch) nicht zu spät ist. Du kannst sicher noch vieles verändern.
Eigenlob stinkt nicht
Ich liebe dieses Krafttraining nicht. Mittlerweile ist es auszuhalten. Ich habe mich daran gewöhnt. Ich höre dabei Musik oder ein Hörbuch, was das Ganze erträglicher macht.
Und ich belohne mich anschließend mit einem Saunagang, was ich gerne mache. Es ist hilfreich das Unangenehme mit etwas Angenehmem zu verbinden.
Und ich lobe mich. Ich klopfe mir gedanklich auf die Schulter, dass ich mich überwunden habe, etwas Gutes für mich zu tun, auch wenn das mit Schmerzen verbunden war.
Ich kenne kein Sprichwort, das so falsch ist, wie „Eigenlob stinkt“. Wir loben viel zu wenig. Das gilt für andere Menschen und erst Recht für uns selbst.
Eigenlob stinkt definitiv nicht!
Fazit
- Verzichte nicht auf Schmerzen, nur um diese zu vermeiden, obwohl die Überwindung langfristig für Dich wäre. Letzten Endes wird der Schmerz IMMER sehr viel größer sein.
- Um das zu tun, musst Du wissen, warum Du das auf Dich nimmst. Und dieses Warum muss so stark sein, dass die Schmerzen, die meist in Anstrengung oder Entbehrung bestehen, lächerlich wirken.
- Dabei kann es hilfreich sein, das Unangenehme mit etwas Angenehmem zu verbinden.
- Lobe Dich anschließend, wenn Du etwas gemacht hast, obwohl es Dir Schmerzen bereitet hat. Schmerz verspüren wir selbst dann, wenn wir etwas tun, wozu wir eigentlich keine Lust haben oder was uns Angst macht.
Und jetzt gehe ich ins Fitnessstudio (kein Scherz). Ich habe keine Lust, aber ich weiß, wofür ich das mache. Anschließend gehe ich in die Sauna und klopfe mir auf die Schulter.
Bis dahin.
Dein Sebastian
PS: Vielleicht fragst Du Dich, was das alles noch mit einer anderen Angststörung zu tun hat. Was hat das noch mit Angst und Panikattacken zu tun?
Letzten Endes ist alles, was Dich langfristig glücklicher und zufriedener werden lässt, Gift für eine Angststörung. Deshalb müssen wir uns damit beschäftigen, wie wir es schaffen, unser Leben zu verbessern, auch wenn das bedeutet kann, vorübergehend Schmerz in Kauf zu nehmen.
Ich kann nur zustimmen, du hast einen tollen Beitrag geschrieben! Auf den ersten Blick mag es vielleicht keinen Zusammenhang zwischen diesem Beitrag und Angststörungen geben, aber wie du richtig erwähnst, ermöglichen Ressourcen wie Sport zu treiben ein gesünderes und ausgeglicheneres Leben. Dass das häufig bedeutet, seinen „inneren Schweinehund“ zu überlisten, weiß vermutlich jeder.
Danke für Dein Lob, welches wohl von einem Psychologen stammt. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn Du Deinen Vornamen statt dem Begriff „Ressourcen“ verwendest. 😉
Ein toller Beitrag. Du hast absolute Recht. Wir müssen das richtige tun auch wenn es manchmal weh tut.